Hüter des Friedens von Irland

Unknown-3Ich wurde von Bekannten Deutschland öfters gefragt, ob es stimmen würde, dass unsere Polizei (Garda Síochána, wie sie offiziell heißt) wirklich unbewaffnet sei. Nun das stimmt für Streifenbeamte, ebenso wie in England, allerdings haben wir seit 2008 -seit 2012 in 5 Regionen (Osten, Norden, Süden, Südost und West) und 2016 kam Dublin hinzu- die ASU, Armed Support Units. Die ASU tragen Waffen und sind dem SEK oder MEK vergleichbar, allerdings gelten bestimmte Regeln, wann die ASU zu rufen ist und verwirrt manchmal auch, da sie in Gebieten patrouilliert, wo man normale Gardaí nicht sieht. Man erkennt diese sofort an den Autos die sie fahren (5er BMW, BMW X5, Volvo XC70, Audi Q7) und der Aufschrift Armed Support Unit.

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Fahrzeuge der ASU

Kommen wir aber zurück zu den „normalen“ Beamten, der Grund, warum diese keine Waffen tragen ist historisch begründet. Der erste Commissioner Michael Staines sagte bei der Gründung, „The Garda Síochána will succeed not by force of arms or numbers, but on their moral authority as servants of the people. (Die Garda Síochána wird nicht durch Waffen, oder ihre Anzahl erfolgreich sein, sondern durch ihre moralische Autorität als Diener der Bürger).“ Jahrzehntelang stimmte das auch denn Irland hatte eine ausgesprochene niedrige Verbrechensrate, was dazu führte, dass die irische Regierung in den sechziger Jahren überlegte die Gefängnisse zu schließen, da man weniger Gewaltverbrechen, dafür aber mehr Trunkenheitsdelikte, sowie Diebstähle hatte. Bis in die siebziger Jahre hinein, so haben mir ältere Iren erzählt, musste man die Haustür nicht verschließen -jeder der mal in Irland war, wird sich gewundert haben, wieso irische Haustüren so einen seltsamen Schließmechanismus besitzen-, und man fuhr zum Einkaufen, oder Zeitung holen zum nächsten Londis und ließ den Wagen vor dem Laden mit offenen Türen und laufendem Motor stehen.

Nun wurden zwar, entgegen Michael Staines, Garda Beamte seit 1922 getötet. Allerdings

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Gründer der Garda und erster Commissioner

kamen viele bei Autounfällen, was schon schlimm genug ist, um’s Leben. 1970 erregte der Tod von Richard Fallon die Öffentlichkeit, denn Fallon wurde von Terroristen der Saor Éire, einer Unterorganisation der IRA, als Folge eines Banküberfalls auf eine Filiale der Royal Bank of Ireland am Arran Quay in Dublin erschossen. Nun war das für die Regierung kein Grund darüber nachzudenken, ob man vielleicht, bedingt durch die Troubles in Nordirland die zu einem wahren Terrortourismus führten, an der Politik etwas ändern sollte, also wurde alles so belassen und die Garda war weiterhin unbewaffnet, musste sich aber mit bewaffneten Gangstern rumschlagen. Die einzige Änderung war, dass die irischen Streitkräfte die Geldtransporte schützten und bis Heute noch schützen. Ich kann mich erinnern, vor ein paar Jahren da war ich auf dem Weg zu meiner Bank, um ein Sparkonto zu eröffnen und kam an einer Filiale der AIB vorbei. In einer Seitengasse standen bis an die Zähne bewaffnete Soldaten und ein Jeep mit SMG auf dem Dach passte auf, dass das Geld nicht geklaut wurde.

Mitte, bis Ende der Siebziger Jahre, wurde die Lage der Garda wesentlich unentspannter, denn findige Iren entdeckten, dass man mit Drogen wesentlich mehr Geld verdienen kann und in kurzer Zeit zu Reichtum kommt. Gab es in den sechziger Jahren hin und wieder Verurteilungen wegen Drogen -Raifiu Ojikuto, ein 26 jähriger Medizinstudent aus Nigeria, wurde im April 1964 wegen des Besitzes von Amphetaminen verhaftet-, so war

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Garda, damals und Heute

Irland doch weitestgehend Drogenfrei. Der Drug Raid bescherte den Dealern unermesslichen Reichtum, denn Heroin und Kokain fand seinen Weg nach Dublin und von dort in das ganze Land. Hinzu kam, dass die Situation, ebenso wie England eine Insel zu sein, den Dealern die Möglichkeit gab, jeden Preis für die Drogen zu fordern. Ich habe mal eine Dokumentation auf RTÉ über die Geschichte der Drogen in Irland gesehen. Ein ehemaliger Beamter der SDU (Special Detective Unit, vergleichbar mit FBI oder BKA) sagte gegenüber den Journalisten, dass sie gar keine Ahnung darüber hatten, womit sie es zu tun haben und, dass die Banden gut organisiert und hochaggressiv waren.

Drive by Shootings zwischen rivalisierenden Gangs waren keine Seltenheit und der Begriff „Gangland“ prägt bis Heute die irische Gesellschaft. So kam es offensichtlich unter den Augen der Garda zu einer Schiesserei am helllichten Tag in Dublin, als zwei Gangs

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Lackierung anlässlich des CSD in Dublin 2019

mit automatischen Waffen aus fahrenden Autos aufeinander schossen. Und das ist eines der Probleme die die Garda hat, man macht sich über die Beamten lustig. Korrupt seien sie, ständig betrunken und dumm wie Brot. Vor Jahren, ich lebte noch in Italien, da lernte ich, dass die Italiener die selbe Einstellung gegenüber den Carabinieri hatten, wie die Iren gegenüber den Gardaí. In Italien kursierte der Witz, „vier Leute sitzen in einem Abteil der italienischen Staatsbahn und langweilen sich. Also beschließen sie Witze zu erzählen und einer der anwesenden beginnt und erzählt einen Witz über die Carabinieri. Ein älterer Mann erhebt sich und sagt, „mein Herr, Vorsicht! Ich bin General der Carabinieri!“ Woraufhin der Mann antwortet, „kein Problem, dann erzähle ich den Witz nochmal und für Sie etwas langsamer, damit Sie ihn verstehen.“ Das spiegelt die Situation in Irland wieder.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich die Garda bewundere. Vielleicht sind sie korrupt, Skandale gab es in diesem Land ja genügend. Allerdings hatten wir mit Nóirín O’Sullivan den ersten weiblichen Commissioner in diesem Land, was wieder ein Plus ist. Ich bin

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Armed Support Unit

aber der Meinung dass die Polizei bewaffnet sein sollte, und teilte 2016 Irland in Befürworter und Gegner ein. Das Land hat sich geändert und es ist meiner Meinung nach nicht zeitgemäß, wenn Polizisten bewaffneten Gangstern mit Tränengas und Teasern gegenüber stehen. Auch, vor allem in ländlichen Gebieten, schlugen die Sparmaßnahmen, bedingt durch die Rezensionen, zu denen sich Irland verpflichtet hatte, besonders im öffentlichen Bereich durch. Da viele Stationen geschlossen wurden dauert es teilweise bis zu 45 Minuten bis die Garda am Tatort ist und, sollten Täter bewaffnet sein, dann müssen die Beamten erst einmal die ASU rufen.

Natürlich gibt es Situationen in denen man auf Spezialisten zurück greifen muss, aber wenn Polizisten sich nicht verteidigen können, dann ist das sehr schlecht und führt zu der grotesken Situation dass ein Gardaí einen Angreifer mit Reizgas außer Gefecht setzen will, aber so steht, dass der Wind im das Gas in die Augen weht.

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