Sophie Murder in West Cork

Am Morgen des 23. Dezember 1996 fanden Spaziergänger die Leiche einer jungen Frau, die erschlagen außerhalb ihres Ferienhauses lag, das sich in der Nähe von Schull befand. Der Mord, laut Garda und den Einwohnern, der schlimmste Mord der jemals passierte, zieht sich bis Heute hin.

Ich mag viele Eigenproduktionen von Netflix und als ich die Ankündigung zu „Sophie Murder in West Cork,“ sah war das natürlich ein Must see für mich. Sowohl der Sender Sky, als auch Netflix haben aus der Geschichte eine Dokumentation gemacht, wobei ich nur die Dokumentation auf Netflix geschaut habe, und meine Eindrücke wiedergeben kann.

Schull ist einer der typischen Küstenorte in Irland. Das besondere an Schull ist, dass er in West Cork liegt und praktisch zum Shangri-La für Künstler aus aller Welt geworden ist. Die Einwohner von Schull sind sehr offen und die Künstler wurden in die Gemeinschaft integriert. Der Ort profitiert von den Künstlern dahingehend, dass sie für Touristen eine zusätzliche Attraktion darstellen. Umso mehr erschütterte die Mord an der 39 jährigen französischen Journalistin und Fernsehproduzentin Sophie Toscan du Plantier West Cork und seine Bewohner.

Sophie, die sich in die Gegend verliebt hatte, kaufte sich nach ihrem ersten Aufenthalt ein Ferienhaus, einsam gelegen, in der Gegend und reiste jedes Jahr um die Weihnachtszeit nach Schull.

Die Bewohner kannten und mochten sie, niemand verlor über sie ein böses Wort, oder hatte schlechte Gedanken, umso tragischer war die Nachricht ihres Todes, die die Leute wie ein Blitz traf. Wer könnte Sophie ermorden und warum? Vor allem da der Mörder das Haus unberührt liess. Könnte der Mord das Ende einer tragischen Liebesgeschichte sein? Oder war der Täter darauf aus, Sophie zu vergewaltigen. Als die Garda eintraf fand sie ein Chaos vor, das noch größer wurde, da die Garda offensichtlich mit einem Verbrechen dieser Größenordnung überfordert zu sein schien.

Statt den Tatort ordentlich abzusperren, liefen Schaulustige dort herum, so dass es schwierig war Beweise zu sichern. So konzentrierte man sich auf das Blut und fand die Tatwaffe, einen Betonblock, der vom Täter benutzt wurde, Sophie zu erschlagen.

Nun könnte man denken, einen Mörder in dieser Gegend, dazu noch im Winter, könnte einfach sein zu finden. Hier aber nicht. Die Garda tappte im Dunkeln und ein Gartentor, welches die Forensic abmontierte und als Beweis, auf Grund der Blutspuren, sicherte löste sich auf unerklärliche Weise in Luft auf. Man zeichnete ihre letzten Stunden nach und einige Einwohner meinten, dass Sophie den Geist der weißen Frau von Three Castle Head gesehen hätte.

Die Legende besagt der Geist würde denen erscheinen, deren Leben kurz davor ist beendet zu werden. Das mag vielleicht eine Erklärung für Freunde der Esoterik sein, für die Polizei ist sie nichts weiter als das was sie ist, eine Legende.

Der Garda fällt allerdings ein Mann immer wieder auf. Ein englischer Journalist, der seine Heimat verlassen hat, weil er glaubt er sei zu höherem berufen, und in Schull seiner eigentlichen Bestimmung nachgeht und sich ganz der Dichtung hingeben möchte. Da man nicht von Luft und Liebe leben kann, arbeitet er als freiberuflicher Journalist für irische Zeitungen.

Ian Baily, so heißt er, schreibt seinen Namen seit seiner Ankunft in der irischen Schreibweise, Eoin, das macht ihn zwar noch nicht zu einem Tatverdächtigen, aber es fällt auf, dass er nicht nur der Erste am Tatort war und außerordentlich gut Bescheid wußte. Auch drängt er sich der Garda förmlich auf und informiert auch andere irische Medien, dass er sie an seinem Wissen teilhaben lassen könnte.

Zum Verdächtigen wird er, als ihn eine Zeugin in der Mordnacht auf einer Brücke, die zu Sophies Haus führt, stehen sieht. Wenig später wieder als der Mann identifiziert, der Sophie nach ihrem Einkauf verfolgte. Nun konzentrieren sich die Ermittlungen ganz auf ihn, aber ist er der Mörder?

Die Produzenten der Doku versuchen ein wertneutrales Bild zu liefern, und das gelingt ihnen nicht immer, zumal Ian Baily ein mehr als seltsamer Character ist, der zuletzt gegenüber dem Journal erklärte, er habe Netflix aufgefordert die Interviews mit ihm rauszuschneiden, da sie ein negatives Licht auf ihn werfen würden. Selbst wenn Netflix das getan hätte, bleibt ein fader Beigeschmack, denn jemand der sich so auffällig verhält, scheint ein bisschen mehr in Schublade zu haben, als Messer, Gabel und Löffel. Auch scheint es erwiesen, dass er eine seltsame Meinung über Frauen hat. Seine Lebensgefährtin, die leider nicht zu den Vorwürfen Stellung nahm, da sie sich weigerte mitzumachen, wurde von ihm öfters schwer misshandelt, so zumindest die Aussagen der Beteiligten. Und das sie ausgerechnet in diesem Jahr ihn aus Ihren Häusern geworfen hat, ein Umstand an dem, laut seiner Meinung nach, Netflix die Hauptschuld trägt.

Netflix sagt, sie hätten die Familie des Opfers in den Mittelpunkt rücken wollen. Das Problem ist immer, dass Betroffene eine vorgefasste Meinung haben, in diesem Fall versuchte die Familie alles in ihrer Macht stehende, um, wenn schon nicht vor irischen Gerichten, dann vor einem französischen Gericht Gerechtigkeit zu bekommen. So kam es, dass nach französischem Recht und nach Einvernahme der damaligen Zeugen, Ian Baily in Abwesenheit zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt wurde, er diese aber nicht absitzen muss, da irische Gerichte sich weigern der Auslieferung stattzugeben.

Der Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Rechtssystemen. Obwohl wir seit über 100 Jahren unabhängig sind, nutzen wir die Rechtsprechung Großbritanniens. Ein Verdächtiger ist erst dann schuldig, wenn ihm die Tat zu 100 Prozent nachgewiesen wurde, oder er die Tat gesteht. In diesem Fall ist weder das eine, noch das andere passiert und das die Garda mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von seiner Schuld überzeugt ist überzeugt kein irisches Gericht. So bleibt der Mord an Sophie Toscan du Plantier bis Heute ungesühnt.

Mein Fazit: Sophie Murder in West Cork ist eine spannende und interessante Dokumentation. DNA Beweise steckten zu der Zeit noch in den Kinderschuhen, Polizeiarbeit war sehr mühsam, besonders wenn man mit Verbrechen konfrontiert war, die man noch nie erlebt hatte und man lernt die Unterschiede in den Rechtssystemen kennen. Für mich war es eine Reise in die Vergangenheit, da auch die Stadt in der ich lebe (Cork) gezeigt wurde. Ich muss gestehen, ich habe gerungen, war erst von der Unschuld überzeugt, dann, so langsam, drängten sich Zweifel auf ob Ian Baily wirklich unschuldig ist und muss sagen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war er es. Aber solange kein irisches Gericht einen Indizienprozess führt, wird er immer freigesprochen, beziehungsweise die Tat nicht vor Gericht gebracht. Bin ich voreingenommen? Ich denke das ist das Problem der Doku, da sie nicht vollständig neutral berichtet, also nicht einfach nur die Fakten auflistet, sondern auch Mutmaßungen zulässt, beziehungsweise teilweise einseitig spekulativ ist.

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