
Auf der Achse des Guten feiert man sich regelmäßig als Widerstandskämpfer gegen das Establishment. Egal was eine Regierung beschließt, die Achse und damit ihre Leser sind grundsätzlich dagegen. Nur Autokraten, bis auf Erdogan der, wäre er kein Muslim, durchaus die Gunst der Leser gewinnen könnte, scharen sich die Autoren um jeden noch so lächerlichen Populisten so lange er den starken Max markiert
Zur Zeit liegen Trump und Pinocchio auf dem Index ganz oben. Nachdem Peter Grimm sich schon mit einer Unkenntnis blamiert hat, legt sein Kollege Thomas Rietzschel nach. Das Auffällige an Leuten wie Rietzschel, Lengsfeld und Grimm ist, dass sie offensichtlich noch in der DDR leben, also nicht der Überwachungsstaat, sondern eine Biedermeier Idylle, wo man sich gegenseitig half, eine verschworene Gemeinschaft Gleichgesinnter war, die sich in Kirchen trafen und ihren Protest auf die Straßen trugen, gegen die da oben.
Während sich die meisten ehemaligen DDR Bürger emanzipiert haben und die Demokratie/Meinungsfreiheit als so selbstverständlich erachten, dass sie über Leute wie die Querdenker nur den Kopf schütteln, glauben diese Leute das Meinungen unterdrückt werden. Nun können sie zwar jeden Unsinn von sich geben, sie hingegen haben das Gefühl eine verfolgte Minderheit zu sein, Dissidenten der Meinungsfreiheit sozusagen.
Man fragt sich welche Form des Zusammenlebens ihnen vorschwebt, diese Frage stellt man sich auch bei den anderen Autoren und besonders bei den Lesern und Kommentatoren. Henryk M Broder hat sich anscheinend über Jahrzehnte so an der Linken abgearbeitet, dass er die Mitte übersprungen hat und bei den Deutschnationalen gelandet ist. Da ich seine Polemik kenne dachte ich Anfangs, er spielt mit diesen Leuten und versucht auszuloten wie weit er gehen kann und wie weit sie ihm folgen. Mittlerweile weiß ich, er spielt das nicht, sondern glaubt was er schreibt.
Zurück aber zu Herrn Rietzschel. Innerhalb von wenigen Tagen hat er zwei Artikel auf der Achse veröffentlicht bei denen man erstmal tief Luft holen muss. Nun ist es ja nichts schlimmes sich nicht so gut auszukennen, allerdings in einem Zeitalter, in dem man sich Informationen in Sekundenschnelle besorgen kann, so einen Unsinn zu verbreiten, zeugt schon von Desinteresse. Rietzschel geht es nicht um Fakten sondern darum, seine Meinung unter das Volk zu bringen. Am 01.10 schrieb er unter dem Titel „Die Journaille gibt nie auf,“ über die Abstimmung im Britischen Unterhaus über Boris Johnsons Binnenmarktgesetz.
Da er ein Problem mit der EU und der deutschen Presse hat, hat er sich wahrscheinlich ein Loch in Bauch über das Abstimmungsergebnis gefreut. Das Parlament hat auch in zweiter Lesung für das Binnenmarktgesetz gestimmt und Rietzschel weiß nicht, dass das Gesetz weniger ein Grund zum Jubeln ist, als die Gefahr birgt, dass in Nordirland die Troubles wieder ausbrechen könnten, da Johnsons Gesetz das Good Friday Agreement untergräbt. Für Rietzschel Nichtigkeiten, denn er betrachtet Boris Johnson als einen tapferen Recken der dem verhassten EU Regime die Stirn bietet.
Das Problem an Leuten wie Rietzschel ist, dass es ihnen nicht um Fakten geht, sondern um ihre Meinung. Rietzschel zieht nicht in Betracht, dass Johnson fast ausschließlich Brexiteers in seiner Partei hat, die in Nibelungentreue hinter ihm stehen, auch wenn es, wie bei der Abstimmung, Abweichler gibt. Es für ihn auch offensichtlich ein Zeichen, dass Boris Johnson Führungsstärke beweist. Was Rietzschel und die Leser der Achse in Rage bringt, wenn die Regierungsparteien geschlossen hinter einer Abstimmung stehen, lassen sie hier durchgehen.
Wer sich mit dem Binnenmarktgesetz und den Folgen, sowie das Zustandekommen beschäftigt, der stellt fest, dass Johnson versucht hat Poker gegen die EU zu spielen. In England ist man der Meinung Dominic Cummings stünde dahinter und Boris sei zu dumm, dass dem Wähler gegenüber zu verkaufen, also machte er das, was er am besten kann und warf Nebelkerzen.
„Was ist die Behauptung von Boris Johnson?
Boris Johnson hat argumentiert, dass die EU versuchte, „einen Teil Großbritanniens zu blockieren, um ihn abzuschneiden“, mit der Rechtfertigung, internationales Recht zu brechen und das Austrittsabkommen durch das Binnenmarktgesetz zu verletzen.“ Schreibt der Guardian und weiter
„Der Premierminister behauptete in einem Artikel des „Daily Telegraph“, dass die Drohung einer Blockade der Einfuhr von Waren aus Großbritannien nach Nordirland aufgetaucht sei, als die beiden Seiten Einzelheiten darüber aushandelten, wie die Klauseln des Rücknahmeabkommens zu Nordirland ab dem 1. Januar umgesetzt werden sollten.“ Viele Engländer glaubten was er sagte und schrieb, es gab Kommentare in den behauptet wurde, dass die EU Großbritannien aushungern wolle und Lebensmittelimporte der britischen Regierung verbieten.
Davon war nie die Rede, auch in dem Austrittsvertrag nicht, auch wenn der Guardian kritisiert: „Ist das wahr? Eigentlich nicht. Das Argument des Premierministers für das Binnenmarktgesetz ist eine Mischung aus Wahrheit, Unwahrheit und Verschmelzung, obwohl es Grund zur Kritik an der eher eigenmächtigen Vorgehensweise der EU gibt.“ Der Guardian erklärt auch noch einmal was ein Binnenmarktgesetz bedeuten könnte:
„Was ist die Wahrheit?
Gemäß dem Nordirland-Protokoll im Rückzugsabkommen, das im vergangenen Jahr vereinbart und ratifiziert wurde, wird Nordirland am Ende der Übergangszeit im Binnenmarkt bleiben und die EU-Standards für Waren befolgen, während der Rest des Vereinigten Königreichs austritt und seinen eigenen Ding Standards folgt.
Nach dem Abkommen würde der Zollkodex der EU auch für Waren, die aus Großbritannien nach Nordirland gelangen, durchgesetzt, während Nordirland im Zollgebiet des Vereinigten Königreichs verbleibt. Diese „in-out“-Regelung wurde vereinbart, um zu verhindern, dass auf der irischen Insel eine Zollgrenze eingeführt wird.“
Darauf haben die Unterhändler der EU und Großbritanniens geeinigt. Das zu ignorieren, oder zu versuchen die Presse in Deutschland anzugreifen, zeigt die Unredlichkeit mit der nicht nur Rietzschel, sondern die Achse allgemein arbeitet. Als die Achse anfing haben sie Meldungen aufgegriffen und diese entweder widerlegt, oder klargestellt. Mittlerweile macht man sich nicht die Mühe, sondern schafft alternative Wahrheiten für ihre Leser.
Michael Miersch hat seinen Abschied auf der Achse des Guten mit, „an das deutsch-nationale Pöbelpack“ betitelt, dort versammelt sich aber der unappetitliche Bodensatz, Antisemiten, Reichsbürger, Rechtsradikale, Rassisten, Deutsch-Nationale, Verschwörungsgläubige, Esoteriker, Evangelikale die vom jüngsten Gericht schwafeln, Coronaleugner, Islamophobe usw. usw. kurz, die gesamte Bandbreite menschlichen Elends und Feinde jeder offenen Gesellschaft.
Die Bertelsmann Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass nur noch 20,9% der Deutschen populistischen Themen etwas abgewinnen können, diese sitzen offensichtlich in den Kommentarspalten.
Hans-Peter Dollhopf / 01.10.2020
Herr Rühl, beim Lesen Ihres Kommentares ist mir aufgefallen, wo Sie zwischen “Irland und Nord-Irland” unterscheiden, dass mit Irland ja die Republik Irland gemeint ist, die aber als der willige Lakai der EU als Republik überhaupt keine Zukunft hat. Man sollte sich langsam an der geografischen Realität ausrichten. Die lautet: Satrapie “Süd-Irland”! Und unabhängiges Nord-Irland.
Dazu ist dann passend, dass Rietzschel die Queen in den Kensington Palace verlegt, obwohl seit 1760 kein britischer Monarch mehr dort gelebt hat. Selbst auf den Hinweis eines Leser erfolgte keine Korrektur, man kann sich halt nicht mit Petitessen aufhalten.