Jedes Jahr, am 17 März, feiern die Iren den St. Patrick’s Day. Nicht nur in Irland selber, sondern auch in den irischen Enklaven rund um die Welt wird dem irischen Nationalheiligen gedacht. Nun geht zwar diese Erfindung des folkloren Nationbuildings auf den Franziskaner Luke Wadding zurück, dem es weniger um Kommerz, sondern mehr auf irisches Nationalbewusstsein ankam, trotzdem kommt an diesem Tag auch die Kehrseite der irischen Gesellschaft an die Oberfläche, der latente Rassismus in Teilen der irischen Gesellschaft.
Natürlich will ich nicht sagen, dass Rassismus in Irland eine stärkere Rolle spielt, als in anderen Ländern, nur hier fällt es auf Grund der Größe des Landes und der Bevölkerungsanzahl
stärker auf. In Dublin wurde am Montag ein Brasilianer, der am St. Patrick’s Day auf der Strasse war, von Jugendlichen zusammengetreten.
Leider ist es nicht das erste Mal, dass so etwas hier passiert. Die Übergriffe auf Ausländer sind jedesmal ein Thema für die Zeitungen und führen das Bild, welches die Ausländer von Irland haben, ad absurdum.
Wir haben, trotz der Paraden der Völker, immer noch eine Schicht, die ihre Unzulänglichkeiten den Ausländern in die Schuhe schieben und der Meinung sind, man müsste dieses mit Gewalt lösen. Politiker und Radiosender befeuern diese Xenophobie noch indem sie so tun, als wären die Ausländer schuld an der Misere und nicht eine verfehlte Politik die dafür gesorgt hat, dass Irland unter den EU Rettungsschirm kam.
Es gibt hier bei uns eine grosse Anzahl, die meinen, Konflikte löst man am besten mit Gewalt, dabei spielen Sprachbarrieren eine eher kleine Rolle. Wer Bambule machen will, den stören Sprachdifferenzen eher wenig. Die Knacker Kids sind so die typischen Vertreter der Unterschicht. Man erkennt sie auf einen Kilometer, weil die Kleidung typisch ist. Jogginghose -nach Möglichkeit versifft-, Hoodie und Runners, so treten sie in Rudeln auf und sind nicht nur eine Plage für die Iren, sondern auch für die Ausländer. Respekt ist ihnen fremd und so wird Beispielsweise die Buslinie 202 öfter als Zielscheibe missbraucht. Das ging sogar soweit, dass die Busfahrer sich nach Einbruch der Dunkelheit geweigert hatten nach Knocknaheeny zu fahren, nachdem der Bus mit Steinen beschmissen wurde und eine Scheibe zu Bruch ging. Dabei hatte eine Französin Glueck, dass sie durch den Stein und die Scheibe nicht am Kopf getroffen wurde.
Auch wurde vor ein paar Jahren ein französischer Kollege von den Travellern in’s Koma geprügelt, als er den Kindern sagte, sie sollen aufhören einen Hund zu quälen. Daraufhin rotteten sich Traveller zusammen und verfolgten ihn in’s Apple Gebäude und schlugen auf ihn ein, bis er besinnungslos zusammen brach.
Das sind Dinge die so gar nicht mit dem Klischee vom immer lustigen und singenden Iren zusammen passen. Im Ausland mögen Iren durchaus durchwegs gesellig sein und wenn man Iren in den Pubs begegnet sind sie durchaus interessiert und aufgeschlossen, nur sind es nicht alle Iren und es gibt halt auch die Schattenseiten die nicht dem Bild entsprechen -und wahrscheinlich auch nicht dem Werbebüro des Ministers für Tourismus-
Dreck wird in manchen Teilen achtlos auf die Strasse geworfen, die Busse sehen aus, als hätte dort eine Schlacht getobt. Fahrscheine werden achtlos auf den Boden geworfen, nebst Chipstueten, Kaffeebechern und allerlei anderen Unrat. Hundescheisse streift man Sitz ab. Musik wird, sehr zur „Freude“ der Fahrgäste, laut gehört über die quaeckenden Lautsprecher des Mobiltelefones.
Der River Lee, eines der Wahrzeichen Irlands, gleicht einer illegalen Müllhalde und erinnert an einen Fluss in einem sogenannten Dritte Welt Staat, weniger an einen Industriestaat.
Steht man irgendwo und raucht eine Zigarette, dann kann man sicher sein, dass mindestens ein Jogginghosentragender ankommt und nach einer Zigarette fragt. Verweigert man diese, kann man sicher sein, dass man Lautstark beschimpft und gefragt wird, ob man was gegen Iren hat. Es ist natürlich lächerlich, hätte man was gegen Iren, dann würde man nicht in Irland leben und arbeiten, aber in der unnachahmlichen Logik kann man nur ein Rassist sein und verweigert deswegen einem aufrechten und anständigen Iren die verdiente Zigarette.
Selbst wenn man nicht raucht, dann wird man zumindest um Kleingeld angeschnorrt und aus der Tatsache, dass man Ire ist, ergibt sich zwangsläufig das Recht dieses auch zu bekommen.
In der Tat sind Zigaretten und Alkohol in Irland sehr teuer, aber es ist meistens so, dass komischerweise das Geld für mehrere Dosen Bier reicht, so dass man gemütlich auf den Treppen oder im Stadtpark sitzt und dort trinkt. Trinken ist zwar im öffentlichen Raum verboten und wenn die Garda einen erwischt, dann schütten sie den Alkohol weg und schicken die Leute nach Hause, allerdings und das habe ich häufiger beobachtet, schauen sie gerne weg, wenn zuviel Leute zusammen stehen.
Kein Wunder das viele ältere Iren sich nach den Zeiten sehnen, als man in Irland die Haustüren offen liess und den Wagen mit laufendem Motor vor Supervalue parkte, um eben seine Zeitung zu kaufen. Straftaten gab es bis in die späten Sechziger Jahre nur gelegentlich, irgendwann aber ist das ganze umgekippt und heute ist man mit Aggresivitaet, latenter bis offener Fremdenfeindlichkeit und Gewalt konfrontiert, die das Zusammenleben in dieser Gesellschaft manchmal schwer machen, nicht nur für Ausländer, sondern auch für die Mehrheit der Iren die nicht begreifen können was geschehen ist.
Das gleiche Verhalten findet man auch in Deutschland. Da meinen auch einige, bessere Deutsche sein zu wollen und allen, was irgendwie nach Ausländer aussieht, klar machen zu müssen, dass sie nicht erwünscht seien. Teilweise nicht nur verbal und mit Plakaten, sondern auch mit Gewalt. Und die Medien hauen auch in die Kerbe, es wären ja nur Flüchtlinge, die unser Sozialsystem ausnutzen wollen.
Ich denke, dies sind Ergebnisse der Globalisierung, da dabei eine Menge Menschen ohne Perspektive bleiben und Ihren Job verlieren. Diese Spirale wird sich sicher noch verstärken, wenn mit dem Freihandelsabkommen TTIP, welches zwischen der EU-Kommission und den USA im Geheimen (!!!) verhandelt wird, die Industriekonzerne noch mehr Macht bekommen, die europäischen Verbraucherschutzrechte noch weiter abgesenkt werden (auf US-Niveau) und damit auch eine demokratische, politische Willensbildung immer stärker verhindert wird.
Diese Probleme sind nicht nur nationale Probleme. Sie sind ein Systemproblem! Wir sollten überall in Europa gegen TTIP demonstrieren und dieses Abkommen ablehnen.